Lesepredigt 12.Sonntag nach Trinitatis

30. August 2020
Predigt zu 1 Korinther 3,9-17
Dr. Roland Liebenberg


Gottes Gemeindeaufbau


Der Bau von Gottes Tempel

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im 3. Kapitel des 1. Korintherbriefes:
Wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder sehe aber zu, wie er darauf baut.
Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.


Die sinnlose Spaltung der Korinther Gemeinde

Paulus hat Stress mit der Gemeinde in Korinth. Die von ihm gegründete Gemeinde in der griechischen Hafenstadt ist gespalten. Es haben sich zwei Parteien gebildet. Der eine Teil hält zu ihm. Die anderen Gemeindeglieder sind Anhänger des Apollos. Beide Parteien konkurrieren miteinander. Sie streiten über die Frage, wer größer und bedeutender ist, Apollos oder Paulus? Paulus ärgert das.
Nun wäre zu erwarten, dass er den Korinthern klar macht, wo der apostolische Hammer hängt. Doch er verzichtet darauf. Und das hat einen theologischen Grund. Denn es war nicht er und es war nicht Apollos, der für das Gedeihen der Gemeinde in Korinth gesorgt hat. Gott allein gab und gibt das Gedeihen. Wie Gott seine Gemeinde gedeihen lässt, will Paulus mit unserem Predigttext verdeutlichen.

Nicht fordern, sondern ehren!

Ihm kann entnommen werden: Gott lässt seine Gemeinde, also auch uns gedeihen, indem er uns ehrt. Gott fordert uns nicht dazu auf, dies oder das zu leisten. Nein, Gott ehrt uns; und zwar auf vierfache Weise. Das werde ich gleich aufzeigen. Doch möchte ich hier noch etwas innehalten. Denn das ist schon ungewöhnlich. In der Regel läuft es ja anders.
Wenn bei uns etwas wachsen oder gedeihen soll, geht das zumeist auf Kosten der Menschen. Soll zum Beispiel der Profit einer Firma steigen, geht das in der Regel auf Kosten der Firmenangehörigen. Oft reicht schon ein geringer Einbruch im Gewinn und es werden Arbeitsplätze abgebaut. Und jene, die ihre Arbeitsplätze behalten, müssen mehr leisten, damit der Profit weiterhin stimmt. So, sind viele Manager überzeugt, so und nicht anders funktioniert das Gedeihen eines Unternehmens.
In unserer Kirche verhält es sich ähnlich. Damit das kirchliche Leben wieder gedeiht, wurden und werden Reformprogramme mit „strategischen Zielen“ erstellt. Mit ihnen sind immer Forderungen verbunden. Forderungen an die Pfarrerinnen und Pfarrer, Forderungen an die Kirchengemeinden, Forderungen an die ehrenamtlichen Gemeindeglieder. Mit den Forderungen wird zugleich mitgeteilt: Das, was ihr bisher getan habt, muss verbessert werden. Es reicht nicht aus. Es muss sich etwas ändern.
Gott, erzählt uns Paulus, geht da anders vor. Auch Gott will, dass seine Kirchengemeinden gedeihen. Doch stellt der Herr dazu keine Forderungen auf. Nein, Gott ehrt seine Kirchengemeinden, auch unsere beiden. Und zwar auf vierfache Weise.

Das Fundament ist bereits gelegt
Die erste Ehre, die Gott uns zukommen lässt, betrifft das Fundament für den Bau der Gemeinde. Jede und jeder, der schon mal ein Haus gebaut hat, weiß, wie wichtig ein gutes und stabiles Fundament ist. Ist das Fundament nicht stabil, bekommt das Haus Risse und bricht früher oder später in sich zusammen.
Zu unserer Entlastung und Ehre, hat Gott bereits das stabilste Fundament gelegt, dass sich für eine Kirchengemeinde denken lässt: Jesus Christus. Er allein ist das Fundament, ist der Grund, auf dem wir stehen, auf dem wir die Gemeinde bauen. Einen anderen Grund kann es für uns nicht geben.

Alle bauen mit

Eine weitere Ehre ist es, dass alle, wirklich alle eingeladen sind, auf dem Fundament Jesus Christus die Gemeinde zu bauen. Es spielt keine Rolle, ob sie für den Bau Gold und Edelsteine oder Holz und Stroh verwenden. Es kommt also nicht darauf an, wie gut und mit welchem Aufwand wir uns für die Kirchengemeinde einsetzen. Jeder Beitrag, jedes Engagement findet bei Gott Gefallen. Das Austragen des Gemeindebriefes ist dem Herrn genauso viel wert wie die Predigt im Gottesdienst.
Entscheidend ist, dass wir auf dem richtigen Fundament bauen. Entscheidend ist, dass die Kärwamadli und Kärwaboum, die Posaunenbläserinnen und -bläser und die anderen Musikerinnen und Musiker, die Kirchenvorstände und anderen Ehrenamtlichen, der Pfarrer und die Pfarrsekretärinnen auf dem Fundament Jesus Christus die Gemeinde bauen. Bleiben wir auf diesem Fundament, dann wird unser Bauwerk gedeihen. Denn es ist durchdrungen von der Liebe Gottes.

Gott ist interessiert

Die dritte Ehre, die Gott uns erweist, ist sein Interesse. Gott ist an unserem Tun und Lassen, Reden und Schweigen interessiert. Gott nimmt uns ernst. Das zeigt der Tag des Gerichts. Das, was wir gebaut haben, wird an diesem Tag offenbar werden. Und nur Gott steht das Urteil darüber zu. Kein Kirchenvorstand, kein Pfarrer, keine Dekanin, kein Dekanatsausschuss, kein Landeskirchenrat und auch kein Landesbischof ist berechtigt, Gottes Urteil vorwegzunehmen.
Das entlastet uns vor vorschnellen Urteilen über das Werk anderer. Nicht wir haben über das Engagement anderer Gemeindeglieder zu urteilen, sondern Gott am Tag des Gerichts. Und auch hier wird die Frage im Zentrum stehen, ob wir unseren Bau auf dem Fundament Jesus Christus errichtet haben. Ob wir mit unserem Engagement seinen Liebespuren folgten oder nicht.
Es spielt also keine Rolle, ob wir nach unseren Maßstäben erfolgreich gewesen sind. Ob wir weniger werden oder wachsen ist für Gott nicht relevant am Tag des Gerichts. Relevant ist für unseren Vater im Himmel ist allein die Frage, ob wir mit unserem Reden und Handeln seinem Sohn gefolgt sind.

Jedes Gemeindeglied ist Gottes Tempel

Schließlich ehrt Gott uns durch seine unmittelbare Nähe. Gott zieht mit seinem Geist der Liebe in uns ein. Gott erweist uns diese Ehre, weil er uns liebt. Und er will, dass die Liebe zum Maßstab unseres Lebens wird. So wird jede und jeder von uns zu einem heiligen Tempel. Zu einem Tempel, den die Menschen gern aufsuchen.
So also geht Gott den Bau seiner Gemeinde an. Anders als das bei uns üblich ist, lässt der Herr entmutigende Forderungen bleiben. Stattdessen ehrt Gott uns auf vierfache Weise und baut uns so innerlich auf. Denn wir sind ihm unendlich viel wert. Wir sind sein heiliger Tempel, in denen er wohnen und seine Liebe verschenken will. Und weil wir bis unter die Haarspitzen erfüllt sind von der Liebe Gottes, geben wir dieses Geschenk an unsere Mitmenschen und Mitgeschöpfe weiter.
So und nicht durch teure und fragwürdige Reformprogramme wird Gott dafür sorgen, dass unsere beiden Kirchengemeinden gedeihen.